„Was meinst du dazu, wenn ich dir sage, dass eigentlich das meiste Übel auf der Welt genau aus diesem Grund entstanden ist, weil wir Menschen uns im Kern nicht annehmen können und tief drin uns selbst nicht mögen?“
Delia wartete gar keine Antwort ab, sondern fuhr entschieden fort: „Das Außen ist ein Spiegel des Inneren. Das sage ich oft, ich weiß. Doch es ist wahr. Die Kriege auf der Welt spiegeln die Kriege im Innern der Menschen wieder. Der Hass zwischen verfeindeten Gruppen spiegelt den Zwist innerer Gegensätze. Katastrophen, Traumas, das ganze Spektrum an unschönen Dingen – den Ursprung findest du immer in uns drin. Nicht, weil wir schuldig sind oder verflucht, sondern weil es sich veräußern musste, damit wir es erkennen können und daraus lernen dürfen.“
„Warum habe ich denn dies so viele Jahre nicht bemerkt? Ich hätte nie gedacht, dass ein Teil von mir mich selbst nicht mag.“
„Es tut weh, wenn man dies erkennt und ganz besonders dann, wenn man es dazu noch fühlt. Aus diesem Grund gibt es so viele Vermeidungsstrategien, wie es Menschen gibt. Um weniger zu fühlen, werden plötzlich äußere Maßstäbe zum Mittelpunkt des Lebens. Es ist weniger gefährlich, wenn ich mein scheinbares Glück an etwas messen kann, was außerhalb von mir liegt. Denn da sind keine oder weniger Gefühle, die wehtun können.“
„Wir haben nie gelernt, richtig zu fühlen“, fügte Ruth hinzu.
„Ja, wobei es viel mehr darum geht, was man danach mit den Gefühlen macht. Diese Ohnmacht, die oftmals mit den Gefühlen kommt, führt meistens dazu, dass die Menschen ihre schmerzhaften Gefühle von sich stoßen. Dabei bringt jedes noch so schlimme Gefühl letztendlich etwas für mich mit.“
„Wie finde ich heraus, was mir das Gefühl zeigen will?“, wollte Ruth wissen.
„Tauche ein, nimm es ganz in dir auf und höre hin. Beobachte. Es ist die wohl größte Herausforderung, sich genau in solchen Momenten selbst zu lieben, wenn man sich nicht mag. Es scheint unmöglich, doch es ist dieses ‚sowohl als auch’, von dem ich dir erzählt habe. Fühl diese Schmerzen und liebe gleichzeitig. Liebe wandelt und lässt dich erkennen, was das Geschenk ist, hinter all dem scheinbaren Schatten.“
Ausschnitt aus meinem Buch „Herzensblicke“ ❤

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